Donnerstag, 1. Juli 2010

"Hat er? Oder hat er nicht? - Fürst Pückler und die Frauen"


















Über Fürst Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau gibt es zwar bereits zahlreiche Abhandlungen, aber er ist immer wieder für eine neue Überraschung gut. Das beweist der Autor Bernd-Ingo Friedrich mit seinem neuen Werk "Hat er? Oder hat er nicht? - Fürst Pückler und die Frauen" über den gefeierten, etwas umstrittenen und widersprüchlichen Literat, Gartengestalter, Lebemann und Möchtegernliebhaber.

Im vorliegenden Werk geht es um die Liebesabenteuer des Fürsten, der den Ehrgeiz aufbrachte als zweiter Casanova gelten zu wollen. Doch was ist denn nun wirklich dran, an seinen amourösen Kapriolen?

Der Autor Bernd-Ingo Friedrich, ein versierter Pückler-Kenner, hat versucht, etwas Licht in die geheimnisvolle und verschleierte Angelegenheit zu bringen. Sicher ist, dass es dem Fürsten tatsächlich gelungen ist, sich einen solchen Ruf geschaffen zu haben, dass man ihm nachsagt, er habe mehr Frauen als Casanova und Don Juan zusammen gehabt.

Fürst Pückler und die Frauen - ein weites Feld, so hört man. Besieht man sich das Feld aber etwas genauer, so scheint es mehr ein Beet mit einigen mickrigen Pflänzchen zu sein. Dass Pückler sein Herz gern an Frauen hängte und diese das ihre an ihn, steht außer Frage.

Die Rede ist hier jedoch - und so soll das Begriffspaar Pückler & Frauen ja wohl auch verstanden werden - von Erotik, von Sex; von Handfestem eben, so wie es auch das oben zitierte, geflügelte Wort "Er soll mehr Frauen als Casanova und Jupiter (oder Don Juan) zusammen gehabt haben" suggeriert. Bernd-Ingo Friedrich erlaubt sich erhebliche Zweifel an dieser Aussage und begründet diese in seinem vorliegenden Werk.

Was der Titel nicht verrät: Bernd-Ingo Friedrich setzt sich in dem Buch mit einer Hypothese auseinander, die bereits 1985 von dem renommierten Hamburger Professoren-Ehepaar Bettina und Lars Clausen formuliert, aber nie ernsthaft diskutiert wurde. Sie besagt, dass Fürst Pückler impotent gewesen sein könnte.

Bernd-Ingo Friedrich hat sich, unterstützt durch den ehemaligen Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten und langjährigen Spiegel-Reporter Dr. Hans Halter, rund fünf Jahre intensiv mit dieser Vermutung auseinandergesetzt und sie über das Vermutete hinaus bestätigt gefunden: Der Fürst war beischlafunfähig.

Damit "wären alle bisher vorliegenden Pückler-Bilder so ziemlich für den Ofen, und seine geschmäcklerisch-glitzernde Biographie stiege zum Rang einer komprimierten historischen Chiffre auf: Er hätte den absterbenden Feudaladel dann selbst bis in den feinsten Nerv hinein verkörpert." (Bettina und Lars Clausen in: Zu allem fähig. Versuch einer Sozio-Biographie zum Verständnis des Dichters Leopold Schefer. 2 Bände. Frankfurt am Main 1985). Davon ausgehend, stellt sich Bernd-Ingo Friedrich mit seiner Analyse einem Diskurs um die Wahrhaftigkeit historischer Betrachtung im Zeitalter der Massenverbildung im Interesse des Massentourismus.

Der Autor konzentriert sich dabei vor allem auf die gängigen Biografien und einschlägigen thematischen Auswahlbände. Es sind ja vor allem diese, die das Bild des Fürsten bis zur Unkenntlichkeit verzerrt haben.

Friedrich fügt akribisch Perle für Perle von Indizien aneinander, bis sich eine überzeugende Gedankenkette ergibt. Es ist leicht möglich, dass sich bei einer solchen Vorgehensweise ein paar Schönheitsfehler bzw. Irrtümer einschleichen könnten, aber gegen die systematische, seit vielen Jahren im großen Stil betriebene Geschichtsfälschung wären diese allenfalls ein Klacks.

Dass es jederzeit Neuigkeiten geben kann, welche die folgenden Ausführungen bestätigen, vielleicht aber auch überflüssig werden lassen, liegt in der Natur der Dinge. Mit ernstem Gesicht und einem leicht zugedrückten Auge rät der Autor Bernd-Ingo Friedrich, die Angelegenheit nicht allzu verbissen zu sehen und seine Ausführungen gelassen zu hinterfragen.

Den Spaß an der Sache (Helden von einem unverdienten Sockel zu holen) kann das aber nicht trüben und eine amüsante und lehrreiche Betrachtung eines Tabuthemas bleibt die vorliegende Edition allemal.

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Bibliografische Angaben: Format 16 x 23 cm, 76 Seiten, broschiert, mit 38 schwarz-weiß Abbildungen, 5,95 Euro, ISBN 978-3-941908-13-0

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